Streit um Baum an der Steinstraße – Wie es mit Engers Innenstadt weitergeht

Dieser Baum an der Streinstraße in der Innenstadt von Enger sorgt für politische Diskussion am vergangenen Mittwoch. (Foto: Jana Göb)

Planung beschlossen, Diskussion um Baum sorgt für Zwischentöne

Die Neugestaltung der Engeraner Innenstadt nimmt weiter Form an: Der Ausschuss für Stadtplanung und Infrastruktur hat in seiner Sitzung am Mittwochabend den Entwurf für den zweiten Bauabschnitt der Steinstraße beschlossen. Damit ist der nächste Schritt im Rahmen des Projekts „ISEK Ortskern Enger 2025+“ offiziell auf dem Weg. Doch während die Mehrheit der Fraktionen dem Vorhaben zustimmte, sorgte ein einzelner Baum für hitzige Debatten – und für einen symbolischen Moment.

Was genau ist geplant?

Der zweite Bauabschnitt betrifft den Bereich der Steinstraße zwischen der Kreuzung Renteistraße und dem Knotenpunkt Burgstraße/Barmeierplatz. Vorgesehen ist eine gestalterische und funktionale Weiterentwicklung des ersten Abschnitts, der bereits konkrete Standards gesetzt hat: modernes Pflaster, ein durchgängiges Beleuchtungskonzept, ein taktiles Leitsystem für sehbehinderte Menschen sowie eine barrierearme, stadtbildprägende Gestaltung.

Bild: Bockermann Fritze / Kortemeier Brokmann

Erarbeitet wurde der Entwurf in enger Zusammenarbeit zwischen den Planungsbüros Kortemeier Brokmann Landschaftsarchitekten und Bockermann Fritze Ingenieur Consult. Koordiniert wurde das Ganze durch die ISEK-Lenkungsgruppe – mit Unterstützung der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK).

Mit dem aktuellen Beschluss wird die sogenannte Leistungsphase 3 der HOAI (Entwurfsplanung) abgeschlossen. Nun folgt die Ausführungsplanung sowie die Vorbereitung der Bauvergabe. Ziel ist es, im Herbst 2025 einen förderfähigen Städtebauförderantrag mit belastbaren Kostenschätzungen einreichen zu können.

Der Baum, um den es ging

Trotz grundsätzlicher Zustimmung zum Gesamtprojekt entzündete sich die Diskussion an einem konkreten Punkt: einem Baum vor dem Unverpacktladen. Dieser müsste dem Umbau weichen – was insbesondere bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Kritik stieß.

Harald Wurm (Grüne) lobte zwar die planerische Qualität des Entwurfs, betonte jedoch, dass jede Maßnahme sich an den selbst gesetzten Nachhaltigkeitszielen messen lassen müsse. Die Fraktion forderte, den Bauabschnitt an dieser Stelle aufzuteilen oder umzuplanen, um dem Baum eine Chance zu geben – auch wenn Fachleute seine Überlebenschancen bereits als gering einschätzten. „Wir wissen, dass er vielleicht nicht überlebt – aber es geht um das Zeichen, das wir senden“, so Wurm. Man wolle zeigen, dass Klimaschutz auch im Detail mitgedacht werde.

Klare Kante von SPD, CDU und FDP

Die übrigen Fraktionen reagierten mit deutlicher Ablehnung auf den Vorschlag. SPD-Ratsherr Jörg Pultermann machte klar: „Wenn vieles an einem Baum hängen würde, hätten wir vieles nicht.“ Auch René Siekmann (CDU) verwies darauf, dass man den Grünen bereits in früheren Planungsfragen entgegengekommen sei.

Norbert Busch (FDP) betonte die Komplexität des Gesamtprojekts: „Die Planung hat viele Abende in Anspruch genommen und ist hochkomplex. Dass dabei nicht jeder Aspekt zu hundert Prozent berücksichtigt werden kann, liegt in der Natur der Sache. Es kann passieren, dass wir für manche Dinge im Nachhinein von den Bürgern Prügel kassieren.“ Das sei nicht auszuschließen und liege an der Komplexität der Planung. Fachlich wurde zudem bestätigt: Die Tiefbauarbeiten würden das Wurzelwerk des Baums massiv beschädigen, ein Erhalt sei kaum möglich. Im Gegenzug sollen neue, groß gewachsene Bäume gepflanzt werden – die Anzahl bleibt am Ende gleich.

Und wie geht es weiter?

Mit dem Beschluss ist der Weg frei für die Ausführungsplanung. Nach der Steinstraße folgen die nächsten Abschnitte: Zuerst die Burgstraße und die Modernisierung der Tiefgarage am Königin-Mathilde-Platz inklusive einer neuen Fußwegeverbindung, anschließend der Barmeierplatz und die Brandsstraße.

Der Umbau der Innenstadt bleibt ein umfangreiches Projekt mit vielen Beteiligten – und ebenso vielen Perspektiven. Der zweite Bauabschnitt der Steinstraße wurde auf den Weg gebracht, auch wenn die Debatte um einen einzelnen Baum deutlich machte, dass Stadtentwicklung immer wieder aufs Neue zwischen Fortschritt, Machbarkeit und ökologischer Verantwortung austariert werden muss. Enger baut – und diskutiert – weiter.

Von Jana Göb