
In der Stadtbücherei Enger hängt gerade mehr zwischen den Buchregalen als bloß Geschichten auf Papier. Die Ausstellung wasihrnichtseht bringt Erfahrungen ins Licht, die sonst oft übersehen werden – weil sie unbequem sind, weil sie uns selbst betreffen könnten oder weil wir nicht gelernt haben, sie zu erkennen. Es ist ein Projekt des Studenten Dominik Lucha. Auf der Social Media Plattform Instagram, hat er einen Kanal ins Leben gerufen. Dort können Schwarze Menschen anonym über ihre Rassismus-Erfahrungen in Deutschland berichten — und weiße Menschen können lernen, antirassistisch zu werden. Der Kanal soll Schwarzen Menschen auch dabei helfen zu verstehen, dass sie mit ihren Erlebnissen nicht allein sind. In Enger werden diese Erfahrungen nun ausgestellt.
Die Initiative Engeraner Manifest lädt in die Stadtbücherei ein, um hinzuschauen. Schwarz auf Weiß, in Text und Bild, erzählen Schwarze Menschen von alltäglichem Rassismus. Von dem Moment, in dem ein Kompliment über „gutes Deutsch“ nicht als Wertschätzung, sondern als Abgrenzung empfunden wird. Von Blicken, Kommentaren, Ausschlüssen – oft beiläufig, aber nie belanglos.
Was ist Rassismus überhaupt? Die UN-Antirassismuskonvention hat eine klare Antwort: Jede Form der Benachteiligung aufgrund vermeintlicher ethnischer Herkunft, Hautfarbe oder Abstammung – egal, ob sie offen geschieht oder versteckt im Alltäglichen steckt.
Die Ausstellung macht sichtbar, wie tief Rassismus in Strukturen und Köpfen verankert ist. Und wie notwendig es ist, genau hinzuschauen. Nicht, um Schuldige zu benennen, sondern um Verantwortung zu übernehmen – als Einzelne, als Gesellschaft, als Stadt. Denn wer ständig gezeigt bekommt, dass er oder sie „nicht dazugehört“, empfindet das als herabwürdigend, frustrierend und lähmend. Solche Ausgrenzungen geschehen nicht immer bewusst, sondern auch aus Unwissenheit oder Unüberlegtheit. Sie sind deswegen nicht weniger verletzend oder diskriminierend.
Die Mitglieder des Engeraner Manifests begleiten die Ausstellung. Sie geben Kontext, erzählen, erklären, hören zu. Denn Veränderung beginnt mit Zuhören und Verstehen.
Ein Besuch in der Stadtbücherei lohnt sich. Nicht nur wegen der Bücher, sondern wegen der Perspektiven, die sich dort öffnen.
Ausstellung „wasihrnichtseht“
Ort: Stadtbücherei Enger, Bahnhofstraße 15, 32130 Enger
Öffnungszeiten:
Montag & Dienstag: 15.00 – 18.30 Uhr
Mittwoch & Freitag: 9.30 – 12.30 Uhr & 15.00 – 18.30 Uhr
Vielleicht sieht man nach dem Besuch ein bisschen mehr. Auch das, was sonst oft im Verborgenen bleibt.