
Einer, der nie locker lässt
Wenn Günter Niermann sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann kann man sich sicher sein: Er wird es umsetzen. „Er lässt einem keine Ruhe, wenn er ein Ziel hat“, sagt Landrat Jürgen Müller bei der Feierstunde im alten Kreishaus in Herford. Denn was dieser Mann aus Enger in seinem Leben angestoßen hat, ist beeindruckend – und längst über die Grenzen der kleinen Widukindstadt hinaus bekannt.
Der heute 80-jährige Rentner ist so etwas wie der Kopf der Demenzbewegung im Kreis Herford. Seit Jahrzehnten kämpft er dafür, dass Menschen mit Demenz gesehen werden, dass sie dazugehören – mitten in unserer Gesellschaft. „Das Herz wird nie dement“, sagt Niermann selbst an diesem Tag. Ein Satz, der bleibt.
Enger als Keimzelle für soziale Projekte zum Thema Demenz
Dabei hat alles in Enger angefangen. Hier war Niermann schon 1990 Mitgründer des Vereins „Leben-Wohnen-Begegnen e.V.“ – ein Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, neue Wohnformen und Begegnungsstätten für Seniorinnen und Senioren zu schaffen. Später entstand daraus eine gemeinnützige GmbH, die er als Geschäftsführer leitete. Tagespflegestellen, Senioren-WGs, Begegnungsorte: Niermann verstand seinen Beruf immer auch als Berufung.
Doch selbst nach seinem Ruhestand 2004 wurde er nicht ruhiger – im Gegenteil. 1998 gründete er den Generationentreff Enger (GTE) mit. Bis heute ist er dort die treibende Kraft. Ein Ort, an dem sich Generationen begegnen, an dem Ehrenamt gelebt wird. „Er ist ein Netzwerker, der viele Menschen abholt“, sagt Engers Bürgermeister Thomas Meyer. „Einmalig – beispielhaft für ganz Deutschland, was hier aus einer kleinen Keimzelle in Enger entstanden ist.“
Beratung, Begegnung, Bewegung
Neben dem Generationentreff ist es vor allem die Alzheimer-Beratungsstelle ALBERT in Enger, die Niermann geprägt hat. Hier geht es nicht nur um Information, sondern vor allem um Begegnung und Verständnis für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Vorträge, Gesprächskreise, internationale Demenztagungen – all das hat Niermann auf den Weg gebracht.
Und immer wieder neue Projekte: 2013 war er Projektleiter des Bundesmodellprogramms „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ – ein Netzwerk, das inzwischen kreisweit wirkt. 2016 hat er „Move for Dementia“ ins Leben gerufen, eine Kampagne, die Menschen in Bewegung bringt und dabei sensibilisiert. Sogar beim Golfen hat er Gutes getan: Seit 2007 organisiert er ein Benefiz-Golfturnier zugunsten der „Ruth und Willi Biermann Stiftung“, deren Kuratorium er angehört.
Einer, der Spuren hinterlässt
„Er hat nicht nur in Enger sehr viele Spuren hinterlassen und viel hineingewirkt“, sagt Thomas Meyer. Landrat Müller ergänzt: „Es ist ihm gelungen, Demenz in die Mitte der Gesellschaft zu holen – und dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam feiern und Spaß haben.“
Zur Feierstunde im alten Kreishaus waren viele Wegbegleiter gekommen. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem ganzen Kreisgebiet, Vertreter von Vereinen, sozialen Einrichtungen, Weggefährten. Und immer wieder schimmerte bei den Reden durch: Das Ehrenamt von Günter Niermann war nie nur sein eigenes Projekt. „Ich habe mich mit anderen für andere engagiert“, sagt er selbst. Und: „Keine meiner Aktivitäten habe ich alleine ausgeübt.“ Seine verstorbene Frau Edeltraut und seine Tochter Simone Brinkmeier standen dabei immer an seiner Seite. „Ehrenamt ist auch immer ein Stückchen zu Lasten der Familie“, sagte Landrat Müller. „Deshalb auch ein großes Danke an sie.“
Das Herz wird nie dement
Wenn man Günter Niermann an diesem Nachmittag beobachtet, dann sieht man einen ruhigen, freundlichen Mann, der nicht viel Aufhebens um sich macht. Aber auch einen, der stolz ist – zurecht. „Ich bin wirklich ein Fan“, sagt Landrat Müller am Ende seiner Rede.
Enger darf es auch sein. Denn einer wie Günter Niermann macht den Unterschied. Mit Tatkraft. Mit Herz. Und mit einer Beharrlichkeit, die nicht locker lässt.